Verstopfung
Dienstag, den 11. August 2009 um 09:04 Uhr
Der Stuhlgang ist individuell: Für manche Kinder ist eher harter Stuhl normal, bei anderen ist er eher weich. Manche voll gestillten Säuglinge haben 10-mal am Tag Stuhlgang, andere einmal in zehn Tagen, und beides ist normal – solange sich das Kind dabei wohl fühlt und ihm keine Probleme daraus entstehen. Zudem ändern sich gerade beim Säugling sowohl Art als auch Häufigkeit und Farbe der Stühle oft. Entsprechend schwierig ist es, Verstopfung zu definieren. Echte Verstopfung erkennenWas ist »echte« Verstopfung? Echt verstopft ist ein Kind mit einem harten Stuhl, der ihm offensichtlich Probleme bereitet: Bauchweh, Appetitlosigkeit, Einrisse der Analschleimhaut (Analfissuren) und Schmerzen beim »Geschäft«. Nicht jeder »Selten-Geher« hat solche Probleme, generell liegt aber umso eher eine »echte Verstopfung« vor, je länger ein Kind keinen Stuhlgang hat. Denn harter Stuhl kann der Ausgangspunkt eines Teufelskreises sein: Je länger er »sitzt«, desto härter wird er und desto eher führt er dann zu Einrissen der Analschleimhaut, wenn er schließlich »kommt«. Die Einrisse wiederum sind schmerzhaft, so dass das Kind als Folge den Stuhl wieder lange zurückhält – dadurch wird er wieder hart, ist schwerer herauszudrücken und so weiter. Die Folge: StuhlschmierenLange anhaltende (chronische) Verstopfung führt nicht nur zu immer wiederkehrendem Bauchweh und zu Appetitlosigkeit, sondern früher oder später auch zum Stuhlschmieren. Hinter dem verstopfenden Stuhlpfropf nämlich vergärt der Stuhl, wird flüssig und schiebt sich an dem harten Stuhl vorbei – in die Hose. Oft wird dieser paradoxe Durchfall von den Kindern nicht einmal bemerkt – die durch die festsitzenden Stuhlmassen weit aufgedehnte Darmwand hat ihre Empfindlichkeit verloren. Nach den Ursachen suchenVerstopfung ist keine Bagatelle, und immer muß der Ursache auf den Grund gegangen werden. Verstopfung einfach als Ausdruck psychischer Konflikte abzutun, ist dem Kind gegenüber unfair und zudem in aller Regel medizinisch falsch (siehe auch Einkoten). Bessert sich eine Verstopfung nicht durch einfache Maßnahmen oder führt sie gar zum Stuhlschmieren, so ist in der Regel eine Ãœberweisung an einen pädiatrischen Gastroenterologen (einen Spezialisten für kindliche Magen-Darm-Erkrankungen) erforderlich. Er kann mit speziellen Instrumenten messen, ob der Schließmuskel und die Muskulatur des Mastdarms richtig funktionieren. Möglicherweise wird er auch eine Gewebeprobe der Darmwand entnehmen, um eine angeborene Störung wie etwa einen Morbus Hirschsprung (eine der Ursachen von hartnäckiger Verstopfung) auszuschließen. Finden sich hierbei keine Auffälligkeiten, so handelt es sich meist um eine »Gewohnheitsverstopfung«. Hartnäckigkeit führt zum ErfolgSo hartnäckig Verstopfung ist, so hartnäckig muss sie behandelt werden. Leichtere Formen lassen sich durch Stuhlregulierung, d. h. durch »Aufweichung« des zu harten Stuhls, behandeln. Bewährt haben sich:
Schwere Formen brauchen mehrBei chronischen Formen der Verstopfung, insbesondere wenn sich bereits Stuhlschmieren eingestellt hat, reicht allerdings die Stuhlregulierung allein nicht mehr aus: Der Mastdarm kann sich nur dann zusammenziehen (und durch diese Straffung dann auch wieder kräftigen), wenn die festsitzenden Stuhlmassen nachhaltig entfernt werden: Das wird durch abführende Medikamente (so genannte Laxantien) eingeleitet. Das Kind muss dazu z. B. Magnesiumzitrat trinken oder Bisacodyl als Tablette oder Tropfen einnehmen. Gleichzeitig wird der Darm »von unten« durch die Gabe eines (oder mehrerer) abführender Klistiere zur Entleerung angeregt. Klappt die Prozedur, so entleert das Kind jetzt erhebliche Mengen Stuhls (wenn nicht, so müssen die Stuhlmassen im Krankenhaus »von oben« ausgespült werden). Täglich dranbleibenUnd dann folgt der schwerere Part: den Stuhl so weich halten, dass er sich nicht wieder an der gewohnten Stelle festsetzen kann. Und hierzu muss das Kind mehrmals täglich stuhlregulierende Medikamente (»Stuhl-Weichmacher«) einnehmen, wie etwa Magnesiumhydroxid, Laktulose oder auch Paraffinöl. Der Trick dabei ist, dass diese Medikamente nicht fest dosiert werden (also z. B. »morgens und abends ein Esslöffel«), sondern dass immer so viel von diesen Medikamenten genommen wird, dass der Stuhl weich bleibt. Wirkt ein Esslöffel nicht ausreichend, so werden eineinhalb Esslöffel genommen. Oder zwei. Oder drei – je nach Effekt. Ziel ist, den Stuhl »breiig« zu halten und regelmäßige, möglichst tägliche Entleerungen zu haben. Das Kind führt deshalb am besten auch ein »Klo-Tagebuch« – für jede Entleerung wird ein Stern auf den Kalender geklebt. Werden die Sterne rar, so ist es Zeit, wieder auf »Los« zurückzugehen, d. h. dem Darm durch Laxantien und Klistiere auf die Sprünge zu helfen. Bei chronischer Verstopfung braucht das Kind also starke Partner, die, zusammen mit ihm, nicht locker lassen. Denn bis der Darm wieder straff und empfindsam ist und die Muskeln wieder gut funktionieren, das dauert viele Monate oder sogar Jahre. StuhlmedikamenteWenn Hausmittel nicht greifen, verordnet der Arzt dem Kind eine Zeit lang stuhlregulierende Medikamente. Beachten Sie dabei:
Aktualisiert ( Mittwoch, den 26. August 2009 um 15:46 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |