Karies (Zahnfäule)
Dienstag, den 07. Oktober 2008 um 09:45 Uhr
Trotz aller Aufklärung in den Medien und Bemühungen in Kindergärten und Schulen ist Karies(= Zahnfäule) nach wie vor eine Volkskrankheit: So haben Zwölfjährige auch heute im Schnitt etwa zwei kariöse Zähne. Leitbeschwerden
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Das Wichtigste aus der MedizinWie entsteht Karies?Die meisten kariösen Zähne tun nicht weh, weil die Karies die Zahnpulpa (Zahnhöhle) noch nicht erreicht hat (linkes Bild). Aber greift die Karies auf die Zahnpulpa über, schlagen die empfindlichen Nerven Alarm.
[GRA]Wenn die ersten Zähnchen durchbrechen, blitzen sie den Eltern und Großeltern beim Lachen des Babys weiß und gesund entgegen. Wie kommt es, dass sich dies bis zum Erwachsenenalter bei der Mehrheit der Kinder und Jugendlichen zumindest für einzelne Zähne ändert? Die Zähne müssten doch für ein ganzes Leben »ausgelegt« sein? Erste Voraussetzung für die Entwicklung von Karies ist, wie man heute weiß, die Anwesenheit bestimmter Bakterien in der Mundhöhle, vor allem sog. Streptococcus-mutans-Bakterien. Diese Bakterien werden im Zuge des natürlichen menschlichen Mit- und Durcheinanders auf das Kind übertragen, beispielsweise beim »Vorkosten« von Flaschennahrung oder Brei durch die Eltern, über durch den mit Freunden gemeinsam benutzten Sauger oder Löffel oder auch den Duplo-Baustein. Die Bakterien leben nicht von Luft und Liebe, sondern von Zucker. Als Abbauprodukt des Zuckers entsteht im Stoffwechsel der Bakterien Säure. Je mehr und je häufiger die Bakterien Süßes bekommen, desto mehr Saures produzieren sie. Die von den Bakterien abgegebenen Säuren greifen den Zahnschmelz von der Oberfläche her an und lösen ihn auf. Am wohlsten fühlen sich die Bakterien in Gemeinschaft. Sie bilden deshalb fest haftende Zahnbeläge (= Plaques), die sich immer dann bilden, wenn die Zähne nicht oft und nicht gründlich genug geputzt werden. Solche Plaques bestehen aus Speiseresten, Bakterien und einer Art Klebstoff, den die Bakterien aus Zucker bilden, um den Zähnen schön nahe zu sein und zu bleiben. Das macht der ArztKaries geht nicht von alleine weg. Jetzt hilft nur der Gang zum Zahnarzt und für die Zukunft konsequente Vorsorge, die manchem Kind nun aus eigener Anschauung leichter fallen wird. Jeder kariöse Zahn – auch ein Milchzahn – muss behandelt werden, und zwar möglichst gleich. Durch das Zuwarten hat die Karies lediglich Zeit sich auszubreiten, und entsprechend tiefer muss dann gebohrt werden. Der Zahnarzt entfernt die gesamte erkrankte Zahnsubstanz und verschließt das so entstandene Loch mit einer geeigneten Füllung. Damit das Kind keine Schmerzen dabei hat und auch in Zukunft noch beim Zahnarztbesuch kooperativ ist, empfiehlt sich oft eine lokale Betäubung. In Extremfällen können die Zähne in spezialisierten Praxen in Vollnarkose saniert werden. Selbsthilfe und NaturheilkundeAls Erste Hilfe bei akutem Zahnweh kann ein normaler Kamillenteebeutel in einem Sieb über Wasserdampf gehalten werden, bis er durchgefeuchtet ist. Man legt ihn nun als Kompresse auf den schmerzenden Zahn, zwischen Zahnfleisch und Wange. Auch Nelkenöl, mit einem Wattestäbchen aufgetupft, kann gut tun. Als Alternative kann eine Gewürznelke weich gekaut und auf die schmerzende Stelle gelegt werden. Amalgam – Pro und ContraEgal ob Milchzahn oder bleibender Zahn: Hat die Karies zugeschlagen, muss der kariöse Defekt ausgebohrt und mit einer Füllung hermetisch abgeschlossen werden. Sonst droht der ganze Zahn zu verrotten. Die Anforderungen an das Füllungsmaterial sind dabei extrem hoch: Es muss leicht zu verarbeiten und anzupassen sein wie Knetgummi, es muss dem hohen Kaudruck, der auch vom kindlichen Gebiss ausgeübt wird, über Jahre standhalten, es muss fest abdichten, damit nicht kleinste Haarrisse neuem Kariesbefall Vorschub leisten, und schließlich sollte es diese Eigenschaften für Milchzähne für mindestens sechs und für bleibende Zähne für mindestens 30 Jahre garantieren. Ach ja, und die Füllung sollte für den kindlichen Organismus unschädlich, d. h. absolut ungiftig, sein. Und damit fängt das Problem an: Amalgam war und ist weltweit das beliebteste Füllungsmaterial – nur mit der Ungiftigkeit könnte es hapern. Fakt ist, dass Amalgam eine Mischung aus Quecksilber, Zinn, Silber und Kupfer ist und dass zumindest mit dem Quecksilber nicht zu spaßen ist: An Quecksilber in unseren Flüsse sind in den siebziger Jahren tonnenweise Fische verendet. Doch in Bezug auf Amalgam ist der Fall nicht so leicht zu entscheiden: Obwohl wissenschaftlich gesichert ist, dass Kinder mit Amalgam-Füllungen mehr Quecksilber in ihrem Urin ausscheiden, ist nicht sicher, ob diese Mehrbelastung auch tatsächlich für die Gesundheit problematisch ist. Befürworter verweisen darauf, dass Millionen von Menschen zum Teil 40, 50 Jahre lang komplikationsfrei mit Amalgamfüllungen leben. Wir Autoren können in diesem Streit nicht das letzte Wort beanspruchen. Interessant ist aber, dass Zahnärzte zumindest bei Milchzahnfüllungen inzwischen weit überwiegend sog.Compomere (eine Mischung aus einem Kunststoff und einem Zahnzement) verwenden und die Kassen dies bisher auch ohne Zuzahlung finanzieren. Compomere sind nach heutigem Kenntnisstand ungiftig, haben gute Eigenschaften und überdies noch eine angenehme weiße Farbe. Einziger Knackpunkt ist die Lebensdauer, was aber bei Milchzahnfüllungen keine Rolle spielt. Bei den Füllungen bleibender Zähne bleibt den Eltern die Qual der Wahl: Hier ist Amalgam nicht nur das preiswerteste Füllungsmaterial, sondern auch das komplikationsärmste (weil noch immer weitaus stabilste). Wer aber das Giftigkeitsrisiko vermeiden will, dem wird der Zahnarzt eine Kunststofffüllung empfehlen. Sie kostet pro Zahn bis zu 100 EUR Zuzahlung und verlangt dem Kind etwas Geduld ab, bis sie sitzt. Immerhin liegt inzwischen eine Vergleichsstudie vor, in der Kinder mit Amalgam-Füllungen bei allen Tests nicht anders abschnitten als Kinder mit Compomer-Füllungen. Die Kinder wurden bisher jedoch nur 7 Jahre nachuntersucht. Der Streit um die Langzeitwirkung des Amalgams wird also weitergehen. Vorsorge
Aktualisiert ( Donnerstag, den 29. Januar 2015 um 12:52 Uhr )
© Herbert Renz-Polster et. al.: Gesundheit für Kinder, 2. Auflage 2006, Kösel Verlag München |